Reiseberichte der Familie Unterwurzacher

Skandinavien - Die Elchtour - Teil 1

16. Juli bis 23. Juli 2014

Gesamtroute - 16. Juli bis 10. August 2014

Norwegen 2014 Gesamtroute
2014 - Skandinavien - Die Elchtour - Gesamtroute

Gesamtroute:

Kuchl (A) – Kopenhagen (DK) – Stockholm (S) – Nordkap (N) – Tromsö – Andenes – Lofoten – Trondheim – Trollstigen – Geiranger – Lillehammer – Oslo – Tanumshede (S) – Elchsafari  – Brunsbüttel (D) – Nürnberg – Kuchl (9865 km)

VORWORT

Es gibt kaum ein anderes Land, von dem so viele Wohnmobilreisende schwärmen, als von Norwegen. Es gibt unzählige Reiseberichte im Internet und früher galt die Reise zum Nordkap als eines der letzten Abenteuer.

So weit, so gut - auch wir wollten schon lange dahin, wenn da nur nicht diese große Entfernung wäre: Alleine in die südlich liegende Hauptstadt Oslo sind es schon gut 1700 und gar zum Nordkap über 3500 Kilometer. Zumindest Südnorwegen müsste sich in den, uns normal zur Verfügung stehenden zwei Wochen, leicht möglich sein. Das Schicksal meinte es aber heuer besonders gut mit uns und so hatten wir auf einmal mehr als drei Wochen Zeit für unseren Sommerurlaub 2014 ...

... also was kann es da anderes geben als: Auf zum Nordkap ...

1. Etappe - Auf zum Nordkap

1. Etappe: Kuchl - Puttgarden - Kopenhagen - Stockholm - Rovaniemi - Nordkapp - 3965 km

16.07. – 23.07.2014

Kuchl (A) – Puttgarden (D) – Kopenhagen (DK) – Stockholm (S) – Rovaniemi (FIN) -Nordkap (N) – (3965 km)

Tag 1
Mi. 16.07.2014
Vormittag: Sonnig + 26° C
Nachmittag: Sonnig - + 26° C
Abfahrt: 18:55 - Ankunft: 24:00 Uhr
Reisezeit: 05 Stunden 05 Minuten
Kuchl (A) - Nürnberg (D)
0 - 414 km

Wir freuen uns auf den Urlaub und so ist eigentlich alles wie immer bei unseren Reisen – oder doch nicht?
Nein – es gibt da heuer doch ein paar Unterschiede:
– Der Gravierendste: Zum ersten Mal haben wir mehr Zeit als zwei Wochen. Insgesamt 26 Tage werden uns zur Verfügung stehen und die wollen wir, so gut es geht, auch nutzen. Herzlichen Dank an unsere Verwandten und Bekannten, die uns durch ihre Mithilfe im Schuhfachgeschäft dies ermöglichen.
– Wir sind schon im Normalfall begeisterte „Weitfahrer“ aber heuer soll es noch einmal ein Stück weiter gehen. Vielleicht klemmt sich auch meine allerliebste Gattin Sonja hinters Lenkrad? Mal sehen …
– Und dann fahren wir dieses Mal sogar um fünf Minuten früher als geplant von zu Hause weg, weil Sonja pünktlich ist … 

Abfahrt in Kuchl
Es kann losgehen - auf zum Nordkap

Relativ viel Proviant (im Norden soll es sehr teuer sein), sehr, sehr viel Kleidung (im Norden soll es kalt sein) zwei Flaschen Gas, Wasser aufgetankt, Wohnmobil innen und außen sauber, wir sind bereit …

Wir nützen nach dem Geschäftsschluss den angebrochenen Tag und fahren los Richtung Nordkap. Vorher besuchen wir noch rasch unsere „armen“ Freunde Heidi und Sepp, die uns wegen ihrer Großbaustelle nicht auf der großen Reise begleiten können. Wir haben ihnen als Trost eine Flasche Champagner mitgebracht. Damit können sie nach getaner Arbeit auf das Erreichte und besonders auf Heidi’s runden Geburtstag anstoßen …

So, nun aber wirklich auf zum Nordkap! Naja, ganz soweit wollen wir heute noch nicht kommen und bis zum Ziel haben wir auch noch einige Zwischenstopps eingeplant. Das Wetter ist wunderbar, Verkehr mittelmäßig: Wir fahren 414 Kilometer, genießen den Urlaubsanfang, die Stimmung und übernachten irgendwo nach Nürnberg auf einem Autohof-Parkplatz.

Zwischengeschichtl – Sonja’s Fotokünste

Ich muss zugeben, die Qualität der Fotos meiner allerliebsten Gattin hat sich im Laufe der Zeit schon wesentlich gebessert. Eine ihrer Vorlieben ist das Fotografieren aus dem fahrenden Fahrzeug heraus (wenn ich fahre, geht das ja bei mir schlecht …).

Das brachte in der Vergangenheit viel und stundenlange Arbeit mit dem Aussortieren von einigen vielen, verwischten Bildern. Sie fotografierte herrliche Landschaften, imposante Gebäude und beeindruckende Himmelsvariationen. So weit, so gut.

Schlecht dabei war, dass sie es immer wieder mit unglaublicher Zielsicherheit schaffte, das einzige Verkehrsschild, den einzigen Baum oder die einzige Laterne weit und breit im Vordergrund unscharf mit zu belichten. Hätte man mit Absicht versucht, die einzeln – neben der Straße stehenden Objekte – mit der Kamera aus dem vorbeirauschenden Wohnmobil zu erwischen, wäre man kläglich gescheitert. 

Sonja's Wolkenbilder

Wie gesagt: Sonjas Fotokünste haben sich wesentlich gebessert: Sie fotografiert noch immer scharfe oder unscharfe Verkehrsschilder, aber dieses Mal – so sagt sie zumindest – mit Absicht. Auf dieser Skandinavienreise hat sich Sonja also „Verkehrsschilder“ (werden wir später noch zu Gesicht bekommen) und „Wolken“ als Hauptthema auserkoren. Wie man am obenstehenden Bild unschwer erkennen kann, ein durchaus gelungenes Motiv an unserem ersten Reisetag …

Übernachtungsplatz Autohof
Gewerbegebiet Ost 2 - Nähe Köln
Das Übernachten auf Autobahnparkplätzen wird generell aus Sicherheitsgründen nicht empfohlen ...
Tag 2
Do. 17.07.2014
Vormittag: Sonnig + 28° C
Nachmittag: Sonnig - + 29° C
Abfahrt: 07:00: - Ankunft: 22:20 Uhr
Reisezeit: 15 Stunden 20 Minuten
Nürnberg (D) - Puttgarden - Kopenhagen (DK)
414 - 1106 - 1275 km (861 km)
Sonja in Fahrt
Wohnmobil mit Herzerl ...

Wir fahren in Richtung Lüneburger Heide ewige Kilometer auf der Landstraße durch die Wälder und da fallen mir einige alte Wohnmobile auf, die da einfach so im Wald stehen. Zuerst habe ich noch gedacht, dass sind diese sogenannten „Freisteher“ die sich so wie wir, die Campingplatzgebühr sparen wollen (stimmt natürlich nicht …) aber dann – da sehe ich so rote große Herzen auf den alten Wohnmobilen und in diesen so ganz blonde, hübsche Mädchen. So ähnliche Mädchen habe ich schon damals bei der Einreise in Tschechien (Sommertour 2011) und auf der Fahrt nach Barcelona (Frankreich 2010) beobachtet.

Experten sagen, dass es sich angeblich um Mädchen des horizontalen Gewerbes handeln soll – und schön langsam glaube ich das jetzt auch …

Wir haben auf dem Parkplatz gut geschlafen und wurden nicht ausgeraubt, also kann es nach dem gemütlichen Frühstück wieder weiter gehen. 

Die Route geht über die A9 – Leipzig – Magdeburg – Hamburg – Puttgarden. Unser Navi – die Susi – holt uns kurz vor Hannover von der Autobahn runter, weil sie – die Susi – für eine Frau zwar außer- und ungewöhnlich, ziemlich technisch angehaucht ist, aber sich anscheinend doch auch sehr naturverbunden gibt und uns die Lüneburger Heide zeigen will.

Vielleicht war an der Routenänderung aber auch ein schwerer Verkehrsunfall auf der Autobahn bei Hannover schuld. Aber auch egal: Das WICHTIGSTE vom heutigen Tag: MAMA IST GEFAHREN !!!!! Natürlich meine ich Sonja, die Mutter meiner Kinder und das ist jetzt wirklich eine Sensation und schon fast wieder ein Zwischengeschichtl wert.

Bisher hat sich Sonja ja beharrlich geweigert, das Steuer unseres Wohnmobils in die Hand zu nehmen. „Nur wenn es unbedingt im Ernstfall notwendig ist …“ Aber, wenn es einmal wirklich notwendig wird und sie dann keine Praxis hat ???? Also ist Sonja heute zum ersten Mal gefahren – und das überraschenderweise gar nicht einmal so schlecht, sondern im Gegenteil: besonders gut hat sie sich angestellt – und ich bin ziemlich stolz auf sie. Sie berechtigterweise natürlich auch …

Zur restlichen Fahrt heute: Gegen Abend landen wir an einem äußersten Zipfel von Deutschland, nämlich in Puttgarden. Dann geht es mit der Fähre nach Dänemark rüber: 45 Minuten – für mich die ideale Zeit für eine Fährüberfahrt. Man kann in Ruhe das Schiff erkunden, Fotos machen und bevor es fad wird – ist man schon am Zielhafen: Rodby. Danach reisen wir noch bis Kopenhagen und stehen jetzt absolut SUPER und fast wieder einmal kitschig auf der Insel Amager, auf einem selbstgefundenen (stolz …) Stellplatz, direkt vor dem Zentrum von Kopenhagen. Wenn uns hier heute keiner mehr verjagt – dann wird es eine wunderbare Nacht mitten in der Hauptstadt Dänemarks. 

Kopenhagen bei Nacht und vom Wohnmobil aus ...
Stellplatz (inoffiziell) Islands Brygg
Geschotterter Platz
kostenlos
Amager West 5, DK-2300 Kopenhagen
GPS: N 55,65757° E 12,56670°
Tag 3
Fr. 18.07.2014
Vormittag: Sonnig + 29° C
Nachmittag: Sonnig - + 30° C
Stadtbesichtigung Kopenhagen: 09:23 - 17:47 Uhr
Sonntnuntergang: 21:27 Uhr
Abfahrt: 17:47 - Ankunft: 23:21 Uhr
Reisezeit: 05 Stunden 04 Minuten
Kopenhagen (DK) - Norsholm (S)
1275 - 1764 km (489 km)

Nach dem herrlichen Frühstück mit nettem Ausblick auf die dänische Hauptstadt Kopenhagen und Umgebung starten wir zur Besichtigungstour.

Mein Sohn, Rupert jun. und ich waren schon einmal vor ein paar Jahren in Kopenhagen und sind anschließend mit dem Schiff nach Oslo gefahren. Von daher ist mir die Stadt ein bisschen bekannt. Zu Fuß machen Sonja und ich uns auf den Weg – zuerst nach Christiania – die ehemalige freie „Hippiestadt“, die in der Zwischenzeit eher eine Tourismusattraktion darstellt. Wir haben den Eindruck, dass neben den Busladungen von Touristen, viele Menschen nur hierher kommen, um in der Öffentlichkeit ihren Joint zu rauchen. Da wir zu beiden Gruppen nicht gehören, suchen wir den Weg zu den anderen Sehenswürdigkeiten.

Entgegen meinem sonst -sprichwörtlich, gutem Orientierungssinn – verlaufen wir uns! Man kann fast sagen – wie Hänsel und Gretel. Sonja ist mir jetzt auch keine große Hilfe, weil, ansonsten – wenn ich mich gar nicht mehr auskenne, frage ich immer Sonja, welchen Weg wir einschlagen sollen und dann gehen wir genau in die entgegengesetzte Richtung. Das klappt meistens, aber hier funktioniert diese Methode leider nicht und so bringen wir doch einige Kilometer Fußweg an diesem Tag zusammen.

Nach der anstrengenden, aber schönen Stadtbesichtigung von Kopenhagen, lassen wir uns im Wohnmobil noch einen köstlichen Kaffee schmecken. Es soll heute noch ein bisschen weiter gehen. Ich will unbedingt einmal über die Öresundbrücke fahren – die von Kopenhagen über das Meer nach Malmö führt und Dänemark mit Schweden verbindet. Auf unserer Reise mit Rupert jun. habe ich dieses imposante Bauwerk vom Flugzeug aus fotografiert …

Öresundbrücke aus der Luft ...

Die am 01. Juli 2000 eingeweihte Brücke ist die längste Schrägseilbrücke für den kombinierten Straßen- und Eisenbahnverkehr und weist eine Gesamtlänge von 7845 Metern auf. Das eine  Milliarde teure Werk führt von Dänemark aus, zuerst durch einen Tunnel, danach auf eine künstliche Insel, bevor die richtige Brücke bis nach Schweden reicht und ist für mich einfach ein imposantes Bauwerk …

Öresundbrücke

Zwischengeschichtl – Fahrlust …

In Schweden geht es dann über gut ausgebaute Autobahnen (E4) weiter. Die Gegend ist leicht hügelig. Man merkt schon langsam, dass wir immer nördlicher kommen – die Sonne geht ca. um 21:27 Uhr unter. Wir gleiten im rötlichen Abendlicht an Seen vorbei, ich lege den USB-Stick mit den Musikvideos ein und lasse den Zufall entscheiden, welche Musik mich begleitet. Es erklingt die einfühlsame Stimme von Xavier Naidoo und anschließend „What a wonderful world“  von Louis Armstrong – die Stimmung ist fast nicht mehr zu toppen.

Als das Video von „Convoy“ abläuft, ist es einfach nur mehr „geil“ und ich muss aufpassen, dass ich mich auf meine Straße konzentriere. Der einsame Ritter mit dem Wohnmobil auf der langen Straße durch Schweden fährt in den purpurroten Sonnenuntergang …
Wohnmobilfahrerherz, was willst du mehr!

Sinead O‘ Connor singt dann noch: „Nothing compares to you – Nichts ist vergleichbar mit dir …“ und ich möchte ihr das in meiner absoluten Hochstimmung fast glauben. Gott sei Dank ist noch Sonja an Bord, die mich dankenswerter Weise wieder auf den Boden der Realität bringt und so gelangen wir sicher bis ca. 180 km vor Stockholm ..

Stellplatz Norsholm (S)
Asphaltierter Parkplatz
kostenlos
GPS: N 58,49139° E 15,95280°
Tag 4
Sa. 19.07.2014
Vormittag: Sonnig + 28° C
Nachmittag: Leicht bewölkt- + 27° C
Stadtbesichtigung Stockholm: 12:27 - 20:50 Uhr
Sonnenuntergang: 21:48 Uhr
Abfahrt: 08:50 - Ankunft: 11:24 Uhr
Reisezeit: 02 Stunden 34 Minuten
Norsholm (S) - Stockholm (S)
1764 - 1949 km (185 km)
Erholungsgebiet Djurgarden in der Nähe von Stockholm ...

Wir haben die Nacht ruhig auf dem etwas abseits der E4 liegenden Parkplatz verbracht und fahren gemütlich gegen 09:00 Uhr wieder los. Die 185 Kilometer bis zur schwedischen Hauptstadt Stockholm sind ja nur ein Katzensprung.
Zum ersten Mal auf dieser Reise nehmen wir den, für uns bewährten Schulz-Reiseführer zu Hilfe und parken unser Womo auf einem Waldparkplatz ganz in der Nähe des Erholungsgebietes Djurgarden vor den Toren Stockholms. Nach dem Mittagessen wollen wir mit dem Bus in die Hauptstadt. Leichter gesagt, als getan …

Wir steigen in den entsprechenden Bus ein und wollen bezahlen. Leider gibt uns der unfreundliche Fahrer, der sicher kein Schwede ist, zu verstehen, dass wir die Tickets nicht im Bus bekommen, sondern bei irgend einer Verkaufsstelle. Wo die nächste Verkaufsstelle ist, weiß auch der Fahrer nicht ?! Also steigen wir gezwungenermaßen wieder aus und erkundigen uns vorerst einmal bei einer netteren Einheimischen. Nach gut einem viertelstündigen Spaziergang, bekommen wir auch unsere Tickets und „dürfen“ danach doch noch mit dem Bus in die Hauptstadt … (blödes System)

Der Autor ärgert sich über das blöde "Bus-Ticket-Kauf-System" ...

In Stockholm selber ergeht es uns besser: Nach dem langen Fußweg in Kopenhagen benützen wir dieses Mal einen „Hop on – Hop off-Bus“ zur Stadtbesichtigung, die € 30,– pro Person sind uns unsere Füße wert. Abgesehen davon, dass Sonja und mir, die für normale Ohren produzierten Stöpsel für die deutsche Stadtführung nicht passen, ist alles gut. Die Fahrt ist interessant, die Wolken reißen allmählich auf und auch die persönliche Erkundung zu Fuß anschließend ist sehenswert.

Stadtbesichtigung Stockholm

Nach der Stadtbesichtigung genießen wir den Abend auf unserem einsamen Waldparkplatz und Sonja lässt es sich nicht nehmen, die Wolken und das Abendrot von unserem Wohnmobil aus, auf Bild zu bannen. (Beim Turm im Hintergrund gibt es übrigens die Bus-Tickets für die ca. 4 km lange Fahrt nach Stockholm …)

Abendstimmung in Stockholm
Stellplatz Waldparkplatz Djurgarden
Geschotterter Platz
kostenlos
Hunduddsvägen S-11525 Stockholm
GPS: N 59,33010° E 18,14816°
Tag 5
So. 20.07.2014
Vormittag: Sonnig + 26° C
Nachmittag: Leicht bewölkt + 25° C
Sonnenuntergang: 22:10 Uhr
Abfahrt: 08:05 - Ankunft: 21:30 Uhr
Reisezeit: 13 Stunden 25 Minuten
Stockholm - Burea (S)
1949 - 2802 km (853 km)
Dragon Gate

Nach den zwei Stadtbesichtigungen gönnen wir nun unseren ermüdeten Füßen eine Erholung – das heißt: Wir bewegen heute also quasi nur unser Wohnmobil und zwar in nördliche Richtung. Heute ist Sonntag und Stockholm scheint noch zu schlafen, als wir losstarten.

Wie gewohnt, haben wir natürlich wieder ein paar kleine Zwischenstopps eingeplant. Vorbei an Uppsala geht es zum „Dragon Gate“ – ein großes chinesisches Gebäude direkt neben der – hier als Autobahn ausgeführten – E4, dessen Sinn und Zweck keiner so richtig zu kennen scheint. Später wollen wir noch eine Elchfarm im Norden Schwedens besuchen.

Die Reise verläuft wunderbar. Es ist schon gut, dass Sonja auch mal für eine Stunde oder so das Wohnmobil lenkt, so kann ich ausruhen und danach gestärkt wieder weiter fahren. Mittlerweile übergebe ich ihr das Steuer fast schon sorgenlos, obwohl sie meistens während ihrer Fahrt eine längere Baustelle erwischt. Ansonsten sind die Straßen gut ausgebaut. Weiter im Norden nicht mehr als Autobahn, dafür wird die Landstraße alle paar Kilometer zweispurig, so dass man gut überholen kann …

Zwischengeschichtl – Elchtour

Der geneigte Leser wird sich vielleicht schon neugierig gefragt haben, warum wir unsere Skandinavienreise auch – Die Elchtour – genannt haben. Auf der einen Seite kann ich mich noch relativ gut an den Film „Ich glaub, mich knutscht ein Elch …“ Anfang der 80er Jahre erinnern, in dem Bill Murray und ein Wohnmobil mitgespielt haben und auf der anderen Seite möchte ich unbedingt einen echten, lebendigen Elch oder „Elchin“ in freier Wildbahn sehen!

Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich schon gleich nach unserer Abfahrt in Kuchl nach Elchen Ausschau gehalten und zwei Mal gab es bisher auch schon „Elchalarm“. Leider war es in beiden Fällen falscher Alarm: Das erste Mal täuschte mich ein schwedisches Pferd in der Abenddämmerung und beim zweiten Mal war es nur eine übergroße Elchstatue aus Holz. 

Elchtour ...

Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, einen Elch zu sehen. Immerhin ist ja gerade Schweden für seine Elche und auch für seine gelben Möbelhäuser berühmt. Und ein gelbes Möbelhaus habe ich überraschender Weise bisher ja auch noch keines gesehen und die gibt es hier anscheinend mit an 100-Prozent grenzender Sicherheit.

Einen Tipp aus dem Internet folgend fahren wir nach Bjurholn, zur dortigen Elchfarm (Älgens Hus). Die kleine Farm ist gar nicht so leicht zu finden, da mehrere Hinweisschilder abgedeckt sind. Als wir es endlich doch schaffen, sind die Elchfarmer gerade beim „feierabendmachen“. Ein schnelles Bild aus der Nähe darf ich leider auch nicht machen, aber der Besitzer erklärt uns wirklich eindringlich, dass die Elchfarm bei Markaryds in Südschweden wesentlich interessanter und besser sei. Er sucht mir auch noch die Adresse und Telefonnummer heraus und rät uns, bei unserer Heimreise dort vorbei zu schauen. Beim Wegfahren sehen wir hinter dem Zaun dann doch noch von Weitem einen Elch im kleinen Gehege. Vielleicht wird es wirklich besser sein, die Elchfarm in Südschweden zu besuchen …

 Der kleine Umweg in Schwedens Landesinnere macht uns nichts aus – wir haben ja Urlaub und lassen uns nicht stressen. Wir touren einsam durch die herrliche Seenlandschaft und freuen uns ganz einfach, auf dieser schönen Welt zu sein …

Am Abend suchen wir uns aus dem Reiseführer „Mit dem Wohnmobil nach …“ einen wunderbaren Stellplatz in der Gemeinde Burea aus und übernachten direkt am Meer. Als Zugabe gibt es ein paar Stechmücken, aber im erträglichen Ausmaß, eine beruhigende Meeresanglerei und einen romantischen Sonnenuntergang um 22:10 Uhr ..

Gemeinde-Stellplatz Burea
Skelleftea, S-93015 Burea
kostenlos
Wiesen- bzw. Waldparkplatz
GPS: N 64,60977° E 21,24176°
Tag 6 und 7
Mo. 21.07. - Di. 22.07.2014
Bei der Abfahrt: Sonnig + 28° C
Bei der Ankunft: Leicht bewölkt + 11° C
Reisezeiten (kein Sonnenuntergang):
08:05 - 14:56 Uhr (6 Stunden 51 Minuten)
Burea - Grenze zu Finnland (308 km)
14:56 - 17:53 Uhr (2 Stunden 57 Minuten)
Grenze zu Finnland - Polarkreis (134 km)
18:53 - 04:12 Uhr (9 Stunden 19 Minuten)
Polarkreis - Nordkap (721 km)
INSGESAMT:
Reisezeit: 19 Stunden 7 Minuten
2802 - 3965 km (1163 km)

So, heute ist geplant bis zum Polarkreis in Finnland zu reisen und dann mal schauen, wohin es uns noch verschlägt. Den Tag lassen wir gemütlich angehen: Brötchen aufbacken, relaxt im Freien unter den Bäumen frühstücken, den Duft des Meeres und der Tannenzapfen einsaugen – Urlaub pur …

Zwischengeschichtl – Gefährliche Irrfahrt (?)

In den diversen Foren und einschlägigen Büchern wird gewarnt, dass man sich in den Wäldern von Schweden vor Bären, Elchen, Vielfraßen, Steckmücken, Zecken, Wölfen und ähnlichem Getier in Acht nehmen soll – von zornigen Waldhütern hat keiner was gesagt …

Ich bin eine Frohnatur – es ist wunderbar warm, die Sonne scheint und ich will meinen Luxuskörper in die schwedischen Meeresfluten werfen. Leider finde ich auf die Schnelle keine geeignete Stelle dafür. Nach dem ich erfolglos ca. 15 Kilometer gefahren bin, folge ich einer Straße, die ich auf dem Navi gesehen habe und die parallel zwischen der Hauptstraße und dem Meer entlang läuft. Irgendwo wird sich schon eine Abzweigung raus zum Meer finden lassen …

Die Straße ist geschottert und führt einige Kilometer lang, an ein paar wenigen Häusern vorbei. Irgendwann werden die Häuser weniger. Irgendwann wird dann die Straße holpriger und geht in einen Feldweg über. Umkehrmöglichkeiten sind kaum mehr vorhanden. Und irgendwann kommen wir dann zu einer Art Gabelung. Links wird es noch einmal um einiges schmäler und die „Straße“ noch schlechter. Rechts geht der bisherige Weg weiter. Allerdings ziert diesen Weg eine Fahrverbotstafel mit der relativ leicht zu entschlüsselnden Aufschrift: „Privatstraße“. Da die linke Straße mit unserem 6,99 Meter langem Womo nicht mehr zu befahren ist, entscheiden wir uns für die rechte Seite. Außerdem muss doch irgendwann mal wieder die Hauptstraße oder doch das Meer kommen ….

Denkste Rupert …

Keines von Beiden trifft leider ein aber ich bin schon froh, als nach einiger Zeit eine Ausweichstelle kommt, an der ich mein Womo endlich wenden kann. Wie ich dann so frohgemut überlege, ob ich mich doch noch durch den Wald und zu Fuß zum Meer durchschlagen soll, um ein Bad zu nehmen, kommt ein Jeep durch den Wald gefahren und bleibt direkt hinter mir stehen. Es ist ein großer Jeep mit so ganz großen Scheinwerfern vorne drauf und einem ganz großen Mann am Steuer, der gar nicht frohgemut dreinschaut. Auch sein ebenfalls großer Hund auf dem Beifahrersitz schaut nicht wirklich freundlich drein, sondern fletscht relativ ungut die Zähne. Als der in grün gekleidet große Mann (vielleicht ein Waldhüter?) die Scheibe runterkurbelt, versuche ich noch halbwegs frohgemut auf Englisch zu erklären, dass mich mein Navi hierher gelotst hätte. Das wäre auch aus meiner Sicht kein großes Problem, ich werde nur ganz schnell und kurz ins Meer hüpfen, mich abkühlen und dann wieder auf dem gleichen Wege, auf dem wir gekommen sind, retour fahren …

„Go back, now!!!“

Ok, das war eindeutig, auch der Blick des großen Mannes und das Fletschen des Hundes sind eindeutig. Seit mich ein Hund im zarten Jugendalter gebissen hat, bin ich in Sachen fremder Hunde ein „Hosenscheisser“ (wie man bei uns sagt), besonders dann, wenn sie mich mit ihrem Blick fixieren und die Zähe fletschen. Ich versuche noch ein halbwegs frohgemutes Lächeln aufzusetzen und entschuldige mich, „Sie wissen ja, die heutigen Navis und so …“ Der große Mann lächelt nicht zurück: „That’s no fun, go back!“ Aha, es scheint also nicht lustig zu sein und irgendwie hoffe ich, dass der große Mann und sein großer Hund zumindest im Auto sitzen bleiben. Der Mann hat ja im Grunde genommen vollkommen recht: Ich fahre mit meinem großen Wohnmobil auf einer schmalen Privatstraße ohne Erlaubnis – Rupert, das tut man nicht und an dieser Erkenntnis ist nicht nur der große Hund schuld …

Ok, ich entschuldige mich noch einmal, werde sofort umdrehen und auf den schnellsten Weg zur Hauptstraße zurück kehren. Zum ersten Mal erscheint es mir, dass eine leichte, wirklich fast unmerkliche Veränderung im Gesicht des großen Mannes zu erkennen sei. Nein, natürlich kein Lächeln, aber zumindest eine kleine Lockerung der Gesichtszüge.

Der große Hund fletscht noch immer. Der große Mann wird etwas gesprächiger und erklärt mir, dass er heute seinen guten Tag habe. Ansonsten wäre eine hohe Geldstrafe für mich fällig gewesen. Und dann erklärt er mir sogar noch, wo ich eine schöne und geeignete Badestelle finden könne …

Um das nun – im Vergleich zu vorher – relativ gute persönliche Klima zu erhalten, bedanke ich mich für diese absolute Nettigkeit mit einem „Thank’s, God bless you!“ (was Besseres ist mir momentan nicht eingefallen) und trete, nach dem ich das Womo gewendet habe, schnell die Rückfahrt an …
Im Rückspiegel folgt mir der große Jeep mit den großen Scheinwerfern, dem großen Hund und dem großen Mann. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich nicht doch noch ein leichtes Lächeln gesehen habe …

Wie von dem großen Mann richtig beschrieben, finden wir nach einigen Kilometern eine Badestelle und da wir es ja heute nicht gerade eilig haben (es sind ja nur gut 400 Kilometer bis zu unserem heutigen Ziel, dem Polarkreis) kühle ich meinen leicht erhitzten Körper im kühlen Meereswasser ab …

Lässiger Badeplatz in Schweden ...

Nach dem erfrischendem Bad geht es gemütlich weiter. Sonja probiert vorbeihuschende Verkehrsschilder mit Elchen einzufangen und beide genießen wir die Fahrt über die Grenze nach Finnland …

Bild von vorbeihuschenden Straßenschildern ...
Grenze Schweden - Finnland

Gegen 17:00 Uhr erreichen wir die „Höhle“ vom Weihnachtsmann in Rovaniemi. Leider oder Gott sei Dank schließt das von vielen Besuchern als äußerst touristisch kritisierte Spektakel um den Weihnachtsmann (manche nennen es sogar „Abzocke“) schon um diese Zeit. Wir nützen die Gelegenheit zu einer kleinen Wanderung. Anschließend geht es ein paar Kilometer weiter zum Polarkreis. Hier wird ein ganzes Dorf aus Verkaufsläden den Touristen geboten. Wir schmökern ein wenig in den Shops, finden aber nichts Passendes und machen die obligatorischen Bilder …

Ein netter Wegweiser zieht meine Aufmerksamkeit auf sich: Bis St. Johann in Tirol sind es genau 2448 Kilometer retour und bis zum Nordkap noch 680 Kilometer …

Nur mehr 680 Kilometer
und der Wetterbericht hat für den morgigen Abend, an dem unsere Ankunft am Nordkap geplant gewesen wäre, schlechtes Wetter voraus gesagt …
Sonja kennt mich nur zu gut und deutet meine fragenden Blicke total richtig: Ich will zum Nordkap, wenn irgendwie möglich, gleich und noch heute.
680 Kilometer sind ja doch gar nicht mehr sooo weit und er sagt schlechtes Wetter an …
Wir beschließen, erst einmal unsere Vorräte hier in Finnland (einziger skandinavischer Staat mit Euro-Währung) aufzufüllen und dann in „Richtung“ Nordkap los zu düsen. Mal sehen, wie weit wir kommen werden …

… und es wird eine Wahnsinnsfahrt …

Endlose Weiten ...
Rentiere begleiten uns ...
... nicht ganz zahm - aber auch nicht zutraulich ...
Sonja sorgt für gute Sicht ...
Viel Wald und Einsamkeit ...
Kurz nach 23:00 Uhr ...
Dragon Gate
Mitternachtssonne

Kurz gesagt: Wir fahren und fahren und die Zeit vergeht wie im Fluge. Das Wetter ist optimal und die Strecke zwar meistens einspurig, aber in gutem Zustand. Fast kein Verkehr, höchstens alle halbe Stunde kommt uns vielleicht ein Auto entgegen. Viel Wald, sehr viel Wald, einige Rentiere und wenige Häuser säumen die langen, geraden, hügeligen Straßen.

Dank der nördlichen Lage wird es nicht dunkel. Wir haben in der Zwischenzeit die Grenze zu Norwegen ohne Probleme und Kontrolle überfahren. Um 23:00 Uhr ist es fast noch taghell und ich werde nicht und nicht müde. Um Mitternacht wird die Stimmung romantisch dunkelrot – so wie auf Korsika die legendären Sonnenuntergänge. Nur mit dem Unterschied, dass die Sonne eben NICHT untergeht und sich daraus wunderschöne, einmalige Anblicke ergeben die noch dazu relativ lange zu sehen sind.

Dazu kommt eine Landschaft, wie wir sie vorher noch nie gesehen haben. Bei der Vorbereitung zu dieser Reise habe ich in den verschiedenen Foren gelesen, dass die Fahrt zum Nordkap landschaftlich nichts bringe, außer dass man eben dann dort gewesen sei.

Dem darf ich aus meiner/unserer Sicht vollkommen widersprechen: Es lohnt sich absolut und ich bin froh, dass wir uns entschlossen haben, das Nordkap zu besuchen. Diese Wahnsinnsfahrt ist einfach nur traumhaft und unbeschreiblich schön …

Mitternachtssonne - es wird immer schöner ...
Mitternachtssonne - beeindruckend ...
Mitternachtssonne: Straßenarbeiten um Mitternacht ...
Mitternachtssonne - einzigartig ...
Ein Erlebnis besonderer Art: Mitternachtssonne auf dem Weg zum Nordkap ...
Reise unter der Mitternachtssonne zum Nordkap ...
Bleibende Eindrücke ...
Schön langsam beginnt die Sonne wieder zu steigen ...
Schweinswale begleiten uns ...

Die nicht untergegangene Sonne steigt wieder und es wird heller. Am Ufer begleiten uns eine zeitlang Schweinswale …
Vor dem Nordkaptunnel werden wir dann noch um halb vier Uhr in der Früh wegen Revisionsarbeiten aufgehalten – Wartezeit: Ca. eine Stunde – auch schon egal ….
Ich mache mir einen guten, warmen Kaffee (Sonja schlummert friedlich vor sich hin …). Zusammen mit dem Wachposten warten wir auf die Freigabe des Tunnels. Er erzählt mir, wie „shit“ dieser Job sei und ich erzähle ihm, wie schön es auf der Welt ist …

Eine letzte Zwangspause - Sanierungsarbeiten im Nordkaptunnel ...
Alleine - nur mit einer Eskorte begleitet - durch den Nordkap-Tunnel

Nach dem wir mit einer eigenen Eskorte durch den Nordkaptunnel geleitet werden, stehen wir ganz alleine um 04:12 Uhr am Nordkap – ich möchte jetzt nicht all zu pathetisch klingen, aber es ist für uns ein wirklich unvergesslicher und erhebender Augenblick …

Wir haben es geschafft -
Wir stehen am Nordkap !!!
Selfie am Nordkap um 04:00 Uhr in der Früh ...
Stellplatz Nordkap
Geschotterter Platz
kostenlos
WC im Informationszentrum, Mülleimer,
GPS: N 71,16896° E 25,70071°

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