Reiseberichte der Familie Unterwurzacher
Norditalien Städtereise - Teil 1
27. März bis 31. März 2010
Gesamtroute - 27. März bis 04. April 2010
Gesamtroute:
Kuchl – Venzone (I) – Venedig – Padua – Florenz – Siena – Castiglione – Perugia – Assisi – Urbino – Bad Kleinkirchheim (A) – Kuchl – 1806 km
VORWORT
So wie im Vorjahr (Azurtour) wollten wir (Heidi und Sepp, Sonja und Rupert - quasi der Autor, also quasi ich) auch 2010 die Osterferien nützen, um mit unseren Wohnmobilen auf Erkundungsreise zu gehen. Uns schwebte eine Fahrt in die Wachau vor, danach nach Wien (Grinzing) und noch ein bisschen nach Ungarn schnuppern. Eine schöne Vorgabe - aber das Wetter spielte überhaupt und gar nicht mit! Für die Gegend um Wien sagte der Wetterbericht Regen und sogar Sturm an. Flexibel wie wir nun einmal sind, ließen wir uns davon aber nicht verdrießen: Wir fahren einfach dahin, wo es Schönwetter ist ...
... da kann man aber flexibel sein, wie man will: Wenn im näheren Umkreis von ca. 1000 km keine Sonne auf sämtlichen Wetterkarten der nächsten sieben Tage findet, dann tut man sich auch als flexibler Wohnmobilreisender etwas schwer. Wir entschieden uns dann für die Gegend von Norditalien - da blitzte doch ab und zu die Sonne auf und auch die Temperaturen waren halbwegs annehmbar ...
Ich darf vorwegnehmen, dass es wettertechnisch eine wunderbare Reise wurde und auch ansonsten (bis auf eine Autopanne) viel zu besichtigen und bestaunen gab: Vor allem Kirchen und Kirchen, aber auch wunderschöne Plätze, Paläste und sonstige Bauwerke ...
1. Etappe - Venedig, Padua, Florenz und Siena
27.03. – 31.03.2010
Kuchl – Venzone (I) – Venedig – Padua – Florenz – Siena – 809 km
Tag 1
Sa. 27.03.2010
Vormittag: Wechselhaft + 24° C
Nachmittag: Sonnig + 26° C
Abfahrt: 13:15 - Ankunft: 19:37 Uhr
Reisezeit: 06 Stunden 22 Minuten
Kuchl (A) - Venzone (I) - Pasiano
0 - 340 km
Anfahrt über die A10 (Tauernautobahn) über Villach nach Tarvisio (I) danach über die Bundesstraße nach Venzone – Udine – Pasiano
In diesem Jahr hatten Heidi und Sepp die Vorfahrt bei der Routenplanung. Sonja und ich durften brav dahinter die Reise ohne viel Aufwand und Sorgen genießen. Die Richtung, Route und Etappenziele lagen dieses Mal alleine im Ermessen der „Bocheis“. Das hieß für uns: Navi aus und viel Zeit – bei guter Musik – zum Reden und Schauen. So war die Anfahrt schon ein erholsames Erlebnis.
Die Fahrt ging über die Tauernautobahn von Kuchl nach Kärnten zum Grenzübergang Arnoldstein. Danach fuhren wir in Italien auf der gut ausgebauten Bundesstraße durch Friaul – Richtung Udine.
Erster spontaner Zwischenstopp nach 255 Kilometer war das kleine, aber sehenswerte Örtchen Venzone. Am 06. Mai 1976 wurde dieser Ort, wie viele andere Gemeinden in Friaul auch, von einem schweren Erdbeben fast völlig zerstört – aber aus den Trümmern wieder originalgetreu aufgebaut.
Besonders im Dom von Venzone sieht man genau, welche alten Steine zum Wiederaufbau verwendet wurden. Weiters kann man auch ein – aus einem Baum geschnitztes – zeitgenössisches Kunstwerk bestaunen. Die bekannten Mumien – zu denen sich auch, einer Sage nach, Napoleon gesellen wollte – konnten wir in der benachbarten Kapelle nicht besichtigen, da diese geschlossen war.
Bekannt ist der sympathische Ort auch durch den Lavendel, den man auch in einem gar lieblichen Geschäft duftend wiederfindet.
Weiters ging es – immer hinter dem Wohnmobil von Heidi und Sepp hinterher. Nachdem es dunkel wurde, bog Sepp irgendwo zwischen Udine und Venedig von der Bundesstraße in eine Seitengasse ab und wir stellten unsere Wohnmobile zur Nachtruhe neben einem verlassenen Bauernhof ab (Vorort von „Pasiano di Pordenone“).
Es schien eine ruhige Nacht zu werden. Nur das Bellen eines wachen Hofhundes störte ein wenig. Das Bellen wurde vom Krähen eines Hahnes abgelöst. Der Wecker zeigte unseren müden Augen die Uhrzeit: 02:30 Uhr …
.. allmählich wurde das Krähen des Hahnes von seinen Eidgenossen in den umliegenden Bauernhöfen aufgenommen und noch tatkräftig unterstützt und nach einiger Zeit stimmte auch der Hund wieder in das nächtliche Konzert mit ein. An Schlaf war nur mehr bedingt zu denken. Aber was soll’s: Wir waren ja im Urlaub und was gibt es Schöneres als in der Natur zu übernachten (… vielleicht in der „ruhigen“ Natur zu übernachten). Als Andenken schmückte sich Sepp mit einer verlorenen Hahnenfeder
Tag 2
So. 28.03.2010
Vormittag: Sonnig + 28° C
Nachmittag: Sonnig + 29° C
Abfahrt: 09:45: - Ankunft: 19:35 Uhr
Reisezeit: 09 Stunden 50 Minuten
Pasiano - Fusina (Venedig) - Padua
340 - 423 - 474 km (134 km)
Gestärkt aber unausgeschlafen ging es nach dem Frühstück weiter, wieder über die Bundesstraße nach Fusina, eine Hafenanlage im Süden von Venezia. Auf einem großen Parkplatz (Parkgebühr für 12 Stunden = € 8,–. Übernachten nicht möglich – Campingplatz nebenan) Von hier fahren alle 30 Minuten Schiffe direkt nach Venedig (Preis für Hin- und Rückfahrt pro Person = € 10,–).
An der Anlegestelle von Fusina warteten wir auf das Boot nach Venedig und konnten dabei das herrliche Wetter genießen und zukünftige Gondolieri bei der Ausbildung beobachten ;-))
Wir hatten Venedig vor ungefähr 10 Jahren zum letzten Mal besucht und so war es wieder einmal schön durch die berühmte Lagunenstadt mit ihren unzählbaren Postkartenmotiven zu schlendern.
Über 270.000 Menschen leben in Venedig, ca. 62.000 davon in der Lagunenstadt. Täglich besuchen durchschnittlich über 44.000 Touristen die Stadt – im Jahr so an die 16 Mllionen!
Den Abschluss an diesem Tag bildete die kurze Fahrt nach Padua. Sie ist eine der ältesten Städte Italiens mit derzeit ca. 212.000 Einwohnern.
Unser Kapellmeister, der nicht nur musikalisch sehr gebildet ist, empfahl uns diese Stadt in Bezug auf ihre Kirchen und Kunstwerke.
Vorerst stellten wir fest, dass Padua eine Großstadt mit viel Verkehr und wenig Parkplätzen ist. Wir verbrachten die Nacht zwar an einem Fluss, aber auch an einer Straße mit viel Lärm. So endete die zweite Nacht ähnlich wie die erste Nacht unseres Osterurlaubs 2010 – mit wenig Schlaf.
Tag 3
Mo. 29.03.2010
Vormittag: Leicht bewölkt + 27° C
Nachmittag: Sonnig + 29° C
Abfahrt: 09:00 - Ankunft: 17:10 Uhr
Reisezeit: 08 Stunden 10 Minuten
Padua - Florenz - Greve - Tavarnuzze
474 - 745 km (271 km)
Bei leicht bewölkten aber wunderschönen Besichtigungswetter war unser erster Anlaufpunkt in Padua die Basilika San Antonius. Frisch drauf los – ohne Stadtplan – fanden wir nach einigen Hinweisen auskunftsfreudiger „Paduaner“ die schöne Kirche fast ohne größere Umwege.
Zwischengeschichtl – Fotografierverbot …
In fast allen Kirchen, Palästen, Museen usw. die wir besucht haben, bestand striktes Fotografierverbot. Ich bin ein Mensch, der sich prinzipiell an Verbote hält (meistens, naja fast immer, zumindest gelegentlich ;-)). Ich betrete jedes dieser Bauwerke mit dem notwendigen Respekt und der Erfurcht, die ihm gebührt, egal welche Religion oder Anschauung sie darstellen.
Auf der einen Seite will man seine „Schätze“ – z.B. die oft äußerst prunkvoll ausgestatteten Gotteshäuser allen zeigen, verlangt auch in Kirchen Eintrittsgelder und ist auch sonst sehr geschäftstüchtig und auf der anderen Seite darf man sich selber keine Erinnerung in Form eines Bildes mitnehmen – das stört mich und deshalb halte ich mich auch nicht daran. Natürlich verwende ich niemals dabei einen Blitz.
In dieser Kirche konnte ich beobachten, wie eine junge Touristin beim Fotografieren „erwischt“ wurde. Ein „Aufseher“ nahm ihr die Digitalkamera weg und löschte alles Fotos!
Ich ließ mich davon nicht beirren …
Zwischengeschichtl – Fotografierverbot …
Weil es so schön passt, gleich noch ein Zwischengeschichtl: Auf unserer Reise durch Nord- und Mittelitalien sind wir drauf gekommen, dass jede halbwegs ordentliche italienische Stadt, die etwas auf sich hält zumindest ein oder zwei Heilige (quasi „Stadtheilige“) aufzuweisen hat. In Padua sind dies der Heilige Antonius und die Heilige Justina (Gleichberechtigung muss auch in der kath. Kirche sein). Zusätzlich befindet sich in der Kirche Santa Giustina auch noch das Grab des Evangelisten Lukas.
Der Heilige Antonius, wir würden „Padua-Toni“ sagen, wurde gleich nach seinem Tod (anno 1231) heilig gesprochen und ein Jahr später wurde mit dem Bau der Basilika begonnen. Antonius war ein Anhänger des Reichtum verachtenden Heiligen Franz von Assisi (Assisi-Franz) und im wurde in dieser riesengroßen Basilika ein prunkvolles, wunderschönes Grab (weißer Marmor mit schwarzen Einlegearbeiten – siehe oben) gestaltet.
Zu jedem Heiligen gehören unweigerlich auch die heiligen Reliquien. Im Falle des Hl. Antonius eine ganze Ansammlung von Kleidungsstücken, persönlichen Gegenständen bis hin zu einem Gebiss, dass uns anlächelte und der unverwesten Zunge, die in einer goldeingefassten Reliquienkapelle aufbewahrt werden.
Ich möchte auf keinen Fall jetzt ketzerisch oder respektlos erscheinen – Gott bewahre. Im Gegenteil: Ich bin mir sicher – und das habe ich auch so beim Besuch in diesen Kirchen empfunden – dass es sich bei den Heiligen um ganz besondere Menschen gehandelt hat. Menschen mit besonderer Ausstrahlung und Charisma, Menschen die viel bewirkt und verändert haben – einzigartige Menschen, aber eben Menschen …
Die Basilika San Antonius war wirklich beeindruckend. Ebenso beeindruckt waren wir von einer Mediapräsentation (sogar bei freiem Eintritt hinter der Basilika neben einem schönen Kreuzgang) die das Leben des Hl. Antonius wirklich anschaulich schilderte.
Die Kirche Santa Giustina machte nach meinem Empfinden einen eher kalten Eindruck und das nicht nur wegen der Temperatur. Hier ist der Evangelist Lukas begraben und natürlich befinden sich Reliquien der Hl. Justina (z.B. der nichtverweste kleine Finger) ebenfalls hier.
Auch sonst gab es in Padua viel zu sehen und zu bestaunen. Bald hätten wir ohne Stadtplan nicht mehr zu unseren Wohnmobilen zurück gefunden, aber Dank dem Orientierungssinn von Sepp und ein paar Hinweisen von auskunftsfreudigen „Paduanern“ konnten wir unsere Fahrt in die Toskana fortsetzen.
Die Fahrt ging über die Autobahn Richtung Florenz. Diese Stadt ließen wir quasi links liegen, da sie im Wohnmobilreiseführer von Ralf Grèus nicht gerade als sehr attraktiv beschrieben wurde. Bei unserer nördlichen Toskanatour 2008 hatten wir nur einen Teil dieser sehenswerten Gegend erkundet.
So entschieden sich Sepp und Heidi dieses Mal für den Ort Greve als Ausgangspunkt für unsere weitere Fahrt. Und das war genau nach unserem Geschmack: Nach Florenz bogen wir auf die Bundesstraße ab und fuhren die ca. 20 km nach Greve durch die so typische und anspruchsvolle Landschaft, sodass mein Herz vor lauter Freude nur so hüpfte …
Zwischengeschichtl – Panne …
Schon bei der Fahrt war mir aufgefallen, dass die Servolenkung komische Geräusche von sich gab. Nach einem Nachfüllen des Servoöles betrachtete ich die Sache als erledigt. Als wir nun in Greve auf dem dortigen örtlichen Stellplatz standen und wir (Sepp und ich) unser erstes, traditionelles Bier anschlugen da tropfte es unter dem Motor des Wohnmobils hervor. Die Leitung war undicht und an ein ungestörtes Weiterfahren war so nicht zu denken. Wir trennten uns schweren Herzens von den Bocheis, die sich einen herrlichen Stellplatz auf dem Hügel oberhalb von Greve suchten und fuhren zur nächsten Tankstelle. Hier verwies uns ein netter italienischer Tankwart zu einem netten italienischen Mechaniker, der aber leider kein Deutsch und kein Englisch verstand. Warum auch, so teilte er mir mit Gesten mit, er ist ja ein Italiener. Um den Schaden zu erklären brauchten wir keine Italienischkenntnisse – man sah ja, dass das Öl heraus tropfte. Der nette Italiener gab mir die Adresse eines Fordhändlers und ein paar Tropfen Servoöl mit auf den Weg. Nach ca. 18 Kilometern erreichten wir in der eher unansehnlichen Ortschaft Tavarnuzze den besagten Experten namens Rossi, der natürlich – da er selbstverständlich Italiener war – kein Wort Deutsch konnte. Auch sein Sohn und sein Enkelsohn – alles Italiener – sprachen nur italienisch. Trotzdem „deutschten“ wir uns irgendwie aus, dass der Schaden zwar behebbar wäre, aber der defekte Schlauch erst bestellt werden müsse …
Wie lange das dauern würde – ???Was würde es kosten – ???
– Vielleicht sollten wir doch italienisch lernen ???
Trotz der aufmunternden Worte meiner allerliebsten Sonja war mein Gemütszustand auf dem Tiefpunkt – endlich in der Toskana und dann das …
Ungewiss der Zukunft nächtigten wir vor einer italienischen Fordwerkstätte in Tavarnuzze und erwarteten mit gemischten Gefühlen den nächsten Morgen.
Tag 4
Di. 30.03.2010
Vormittag: Wechselhaft + 23° C
Nachmittag: Wechselhaft + 29° C
Abfahrt: 09:20 - Rückkehr: 19:05 Uhr
Ausflugzeit: 09 Stunden 15 Minuten
Stadtbesichtigung Florenz
(0 km)
„Domani“ also quasi am nächsten Morgen (unsere Italienischkenntnisse wachsen) erklärte uns Rossi (der Mittlere) dass der Ersatzteil „domani“ (also quasi „morgen“ am Mittwoch, den 31. März 2010) eintreffen wird. Weiters erklärte er uns, dass die Reparatur ungefähr € 220,– kosten wird und dass wir in der Zwischenzeit Florenz besichtigen sollten – zumindest haben wir das Ganze so verstanden …
Während Heidi und Sepp ihre Reise nach Siena im toskanischen Hinterland (Route: Greve – Castellino – Radda – San Sano – Siena – ca. 65 km) gemütlich fortsetzten, nahmen Sonja und ich den Bus nach Florenz – Was sollten wir auch anderes tun?
Firenze – oder besser gesagt, die Innenstadt von Florenz ist in unseren Augen eine sicherlich interessante Stadt mit einem eigenen Flair. Sie hat alles, was eine schöne italienische Stadt für mich braucht: Enge Gassen, einen Fluss mit interessanten Brücken, schöne Bauten und freundliche Menschen.
Klar, gibt es auch viele Touristen (fast so viele wie Motorroller ;-)), aber hier kann ich dem Autor der Womo-Reise durch die Toskana und Umbrien überhaupt nicht zustimmen: Wie viele Orte könnte man den noch besuchen, wenn man die ausschließen würde, in denen sich Touristen aufhalten? Und was sind dann eigentlich wir, wenn wir so durch die Lande ziehen ….
Uns hat auf alle Fälle Florenz gefallen, es gibt eine Reihe schöner Kirchen in denen eine andächtige Stimmung herrscht (Santa Maria Novelle, San Lorenzo, Santa Maria del Fiore, Santo Spirito, Santa Maria del Carmine, Santa Croce, usw.) Viele Kunstwerke (Sonja vor dem „Biancone“ von Ammannati, Michaelangelo, Giotto …) und schöne Plätze und Paläste. Apropos Touristenanstürme: Wir aßen in einem gemütlichen Lokal mitten in der Innenstadt fast alleine …
Eine Besonderheit ist auch die „Ponte Vecchio“. Die älteste Brücke über den Fluss „Arno“ in Florenz war auch im Film „Das Parfum“ zu sehen und beherbergt an der Seite viele einzelne Juweliergeschäfte.
Müde aber zufrieden kehrten wir am Abend wieder nach Tavarnuzze und zu unserem, noch immer maroden Wohnmobil zurück.
Tag 5
Mi. 31.03.2010
Vormittag: Wechselhaft + 26° C
Nachmittag: Sonnig - + 30° C
Abfahrt: 11:55 - Ankunft: 12:55Uhr
Reisezeit: 01 Stunde
Tavarnuzze - Siena
745 -809 km (64 km)
Am nächsten Morgen wurde ich gegen 10:15 Uhr etwas nervös, da sich an meinem Wohnmobil reparaturmäßig absolut nichts tat. Erst als sich der jüngste Spross der Familie Rossi aufs Rad schwang und nach einer Viertelstunde mit einem Päckchen von der Post kam, beruhigte ich mich wieder. Unser Fahrzeug kam in die Werkstatt und als wir nach einem Besuch eines Wochenmarktes wieder zurückkehrten, lachte uns unser Wohnmobil wie neugeboren entgegen. Der Preis von € 220,– wurde eingehalten und wir verabschiedeten uns von der netten Mechanikerfamilie Rossi im perfekten italienisch.
Danach ging es auf dem schnellsten Wege (sprich: äußerst unattraktive Autostrada – schmutzig und holprig – ein überall anzufindender Zustand in Italien) nach Siena, wo unsere Freunde – Heidi und Sepp – schon auf uns warteten. Auf einem gebührenfreien Parkplatz außerhalb der Stadtmauern stellten wir unser Wohnmobil, das wieder wie ein Glöcklein lief, ab und machten uns zu Fuß auf in die Innenstadt der ca. 55.000 Einwohner zählenden Stadt.
Siena befindet sich mitten im Zentrum der Toskana und wurde auf drei Hügeln zwischen den Flüssen Elsa und Arbia erbaut. Seit 1995 gehört die historische Altstadt zum UNESCO-Welterbe und wenn man das als Laie sagen darf: absolut zu recht!
Zwischengeschichtl – Sienna …
Man könnte ja oberflächlich sagen, jeder Ort, jede Stadt in der Toskana ist ziemlich gleich: Enge Gassen, schöne Plätze, viele Heilige, noch mehr Kirchen (die sich ebenfalls oftmals sehr ähnlich sind), viele (Ramsch-)Andenkenläden, unzählige Eis- und Pizzaläden, auch einige (organisierte) Bettelbrigaden, unvorstellbar viel Müll in den Aussenbezirken neben den Straßen usw.
Aber mit ein bisschen Gespür merkt man speziell in der Toskana bald, dass die Orte nicht nur schöne und typische Bauten und Strukturen aufweisen, sondern dass jeder dieser Orte ein gewisses eigenes Flair und Charisma entwickelt. Speziell die Innenstadt von Siena hat für mich solch eine eigene Ausstrahlung und da ist sicherlich nicht die „Nutella-Pizza“ gemeint. Aus diesem Grund wird diese Reise hundertprozentig auch nicht unsere letzte Toskanareise gewesen sein …
Schon beim Anstieg durch die romantischen Gassen von Siena begrüßte uns hinter einem Vorhang eine schüchterne Schönheit ..,
Mehr als beeindruckend ist das Gefühl, wenn man von einer der Einkaufstraßen auf den berühmten Hauptplatz „Piazza del Campo“ einbiegt, auf dem sich das Rathaus (Palazzo Pubblico) mit dem 102 Meter hohen Turm (Tore del Mangia) und der „Fonte Gaia“ – der Brunnen der Freude befindet.
Umrahmt ist der leicht abschüssige Platz von vielen Restaurants und Cafes. Nachdem Sepp und ich einen solchen genossen und die Damen vom Shopping zurück gekehrt waren, ließen wir uns – wie viele andere – auf der seit 1347 bestehenden roten Packsteinpflasterung nieder.
Zwischengeschichtl – Piazza del Campo …
Als wir so friedlich auf dem Piazza del Campo die warme, italienische Sonne auf unsere müden Glieder scheinen ließen, fiel uns auf, dass zwei Polizeibeamtinnen eine anscheinend ganz wichtige Aufgabe hatten. Sie „maßregelten“ jeden auf dem Platze, der sein Antlitz nicht in Richtung Rathaus richtete. Man glaubt es kaum, es gab wirklich so etwas wie eine „Sitzordnung“: Alle mussten sich in eine Richtung setzen und auf keinen Fall durfte man sich niederlegen …
Der halbrunde Piazza del Campo ist einer der schönsten Plätze Italiens. Richtig berühmt wurde er wegen dem „Palio di Siena“ (Foto – Wikipedia). Eines der gefährlichsten Pferderennen, das jedes Jahr am 02. Juli und am 16. August, verbunden mit einem viertägigen Volksfest, auf diesem Platz veranstaltet wird. In einer Ausstellung im Rathaus haben wir beeindruckende Bilder gesehen und es muss ein Megaspektakel sein, wenn die Reiter aus den 17 Stadtteilen um das Palio (ein Tuch mit der Hl. Maria) kämpfen. Das Hauptrennen selber, an dem nur mehr die 10 besten Reiter teilnehmen dürfen, dauerte nur drei Runden (ca. 100 Sekunden) und ist eigenen Regeln unterworfen.
Weiter ging unsere Stadtbesichtigung zum gotischen Dom von Siena (Cathedrale di Santa Maria Assunta) – ein Traum von einem prunkvollen Kirchenbau – selten so etwas gesehen …
Zwischengeschichtl – Piazza del Campo …
Für mich muss eine Kirche nicht unbedingt prunkvoll sein, aber der Dom von Siena gehört mit seiner Fassade und den eingelegten Arbeiten (weißer und schwarzer Marmor) zu einer der schönsten Kirchen, die ich kenne. Ursprünglich sollte der Bau noch viel größere Dimensionen annehmen und den damaligen Petersdom an Größe und Pracht übertreffen. Irgendwann ging dann im 14. Jahrhundert aber das Geld aus. Anscheinend soll der jetzt zu sehende Teil nur das Querschiff des geplanten Doms werden.
Natürlich wollten wir dieses Kunstwerk auch von innen besichtigen und daher stellten wir uns an der Kassa für die Tickets, die sich an der Seite des Doms befindet an. Leider teilte man uns dort mit, dass wegen einer Hl. Messe leider kein Touristenbesuch an diesem Tag mehr möglich wäre. Das war jetzt aber wirklich schade und wir beobachteten am Eingang zwei Aufsichtsbeamte, die viele Leute am Besuch des Doms unbarmherzig hinderten. Ein paar Menschen, wahrscheinlich Einheimische, durften in den Dom eintreten. Nach einiger Zeit öffneten sich die Pforten des gegenüberliegenden Hauses und eine ziemlich große Schar von (ich schätze mal so an die 80) Geistlichen machte sich in einer stillen Prozession auf den Weg in die Kirche. Wir überlegten schon, ob wir uns nicht daruntermischen sollten aber schließlich fasste ich mir ein Herz und fragte in einer kreativen Mischung aus Englisch, Italienisch, Kauderwelsch und Blindensprache: „Scusi, Signora we would like to go to church, to … („pray“ fiel mir nicht ein) … to God …“. Die gestrenge Aufsichtsbeamtin antwortete im perfekten Englisch: „O.K – go in, sit down, no flash, no video, be absolut quiet …“ und so durften wir überraschenderweise doch noch in den Dom ..
So konnten wir doch noch im Inneren die kunstvoll gravierten Marmorplatten am Boden, die achteckige Kanzel, die wunderschöne Kuppel, zahlreiche Köpfe ehemaliger Päpste und vieles mehr betrachten. Zusätzlich durften wir die Heilige Messe zusammen mit rund 80 Priestern feiern …
Von Kirchen – oder besser gesagt: von Siena hatten wir noch immer nicht genug. Wir spazierten durch die Gassen zum Geburtshaus der Heiligen Catarina (Stadtheilige) und anschließend zur Basilika di San Francesco …
In einem netten kleinen Restaurant mit einem ebenso netten Kellner speisten wir hervorragend, (Toskanischer Rosmarinbraten) um anschließend den „Piazza del Campo“ noch einmal bei Nacht zu genießen.
Nach dem Spaziergang zum Parkplatz, auf dem unsere Womos standen, ließen wir uns noch einen hervorragenden Wein aus der Umgebung munden und fielen anschließend todmüde ins Bettchen – quasi – heimische Bettchen ..