Reiseberichte der Familie Unterwurzacher
Sizilien Rundfahrt - Teil 1
22. bis 27. März 2013
Gesamtroute - 22. März bis 02. April 2013
Gesamtroute:
Kuchl (A) – Spilimbergo (I) – San Marino (RSM) – Castel del Monte (I) – Trulli di Alberobello – Taormina -Gola dell Alcantara – Etna – Siracusa – Portopalo di Capo – Agrigento – Porto Empedocle – San Vito lo Capo – Palermo – Pompeji -Greve – Kuchl – 4867 km
VORWORT
Alle sagten: Sizilien ist zu weit: Über 4500 km in 12 Tagen ist nur eine sinnlose Hetzerei - Sizilien ist zu gefährlich: Mafia und so - Sizilien ist zu dreckig: Überall liegt der Müll meterhoch herum - Nach Sizilien bei dem Verkehr: Da muss man ja Selbstmörder sein - usw. ... Sepp, mein Reisegefährte sagte: Zu weit? Das schaffen wir schon, wenn wir es uns gut einteilen - Zu gefährlich? Vor wem oder was fürchten wir uns - Zu dreckig: Vorurteil oder nicht - das müssen wir uns ansehen - Verkehr: Entweder man kann Autofahren oder nicht. Wir können es ...
... Also: Wir fahren zu Ostern nach Sizilien.
Ich sagte: Eigentlich hätte ich Korsika bevorzugt, aber wenn Sepp Sizilien sagt, dann fahren wir nach Sizilien und so habe ich mir ein Büchlein gekauft, mich im Internet ausgiebig umgesehen und ein paar erfahrene Wohnmobilisten befragt und mich so auf Sizilien vorbereitet. Sepp und Heidi sind dann leider doch nicht mitgefahren, weil es sich zeitlich nicht ausgegangen ist. Also sind Sonja, ich und unser neues Womo alleine losgezogen, um selbst zu erleben, wie denn nun Sizilien wirklich ist ...
Entlang der Ostküste von Italien nach Sizilien ...
22.03. – 27.03.2013
Kuchl (A) – Spilimbergo (I) – San Marino (RSM) – Castel del Monte (I) – Trulli di Alberobello – Taormina – Gola dell Alcantara – Etna – Siracusa – Portopalo di Capo – Agrigento – Porto Empedocle – 2527 km
Tag 1
Fr. 22.03.2013
Nachmittag: Leicht bewölkt + 15° C
Abfahrt: 18:36 - Ankunft: 22:48 Uhr
Reisezeit: 04 Stunden 12 Minuten
Maut Tauerntunnel: € 10,--
Kuchl (A)- Spilimbergo (I)
0 - 297 km
Man glaubt es kaum – aber dieses Mal, ziemlich pünktlich – machen wir uns fluchtartig auf den Weg in den Süden. Warum fluchtartig? Ganz einfach: Der Wetterbericht hat für die Karwoche 2013 in unserer Gegend Schneefall und Minustemperaturen angesagt! Also, nichts wie ab in den Süden …
… allerdings auch hier ein kleines Problem: Der Wetterbericht für Sizilien hat Mitte der Woche Regen und stürmischen Wind angesagt. Wir wären auch kurzfristig in eine andere Richtung gefahren, aber im Umkreis von 1000 km: Schnee, Regen, Sturm und Temperaturen um den Gefrierpunkt …
Also doch nach Sizilien, immerhin werden Temperaturen von 10 – 15 ° C prognostiziert – Plus versteht sich. Meiner allerliebsten Reisegefährtin Sonja habe ich von den Sturmprognosen auf der größten Mittelmeerinsel nichts erzählt. Schauen wir mal wie es wird und dann kann man immer noch jammern …
Wir verlassen die schneebedeckten Berge im Tennengau und kutschieren mit unserem neuen Wohnmobil der Marke Chausson Flash 26 auf der Tauernautobahn in Richtung Villach. Zu Hause im Schuhgeschäft ist alles geregelt: Schwester Marie-Luise und ihre Tochter Maria sorgen dankenswerter Weise dafür, dass wir sorgenlos in den Urlaub fahren können. Sohn Rupert jun. kümmert sich um das restliche Haus. Er ist dem „Elternwegundpartyzuhause-Alter“ auch schon entwachsen (hoffen wir zumindest …) und übernimmt mit Schwester Marlene und Freundin Michi, die traditionellen Aufgaben, wie z.B. Palmtragen …
Der Fiat-Ducato-Motor läuft ruhig und so gelangen wir ohne Probleme durch das Kanaltal in Friaul (Bundesstraße) auf den großen Stellplatz nach Spilimbergo, in der Nähe von Udine.
Tag 2
Sa. 23.03.2013
Vormittag: Leicht bewölkt + 12° C
Nachmittag: Sonnig + 15° C
Abfahrt: 08:00 - Ankunft: 21:20 Uhr
Reisezeit: 13 Stunden 20 Minuten
Autobahnmaut bis San Marino: € 22,60
Autobahnmaut bis Fossarcesia: € 21,70
Spilimbergo - San Marino - Fossarcesia
297 - 698 - 1066 km (769 km)
Zwischengeschichtl – Frühaufsteher …
Ich würde mich, im Gegensatz zur Meinung vieler meiner Freunde und Bekannten, nicht als Langschläfer bezeichnen. Eher, als die vorhandenen Möglichkeiten ausnutzender Genießer. Sobald ich aber im Wohnmobil unterwegs bin, geht eine sonderbare Verwandlung in mir vor: Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten springe ich leichtfüßig zu der ansonsten unchristlichen Zeit um 06:00 Uhr aus dem Bett und bin vor Tatendrang kaum zu halten.
Meine allerliebste Ehefrau Sonja versteht zwar in ihrer weiblichen Weisheit, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben und daher jede Fahrminute kostbar ist; sie versteht aber nicht, warum ich sie dazu wecken muss. Nach einem morgendlichen Aufwärmsparziergang durch Spilimbergo, „schmeiße“ ich den Motor an und es geht weiter (gefrühstückt wird später, wenn Sonja ausgeschlafen ist …)
So weit – so gut. Ich verlasse den Stellplatz mit der Hilfe unseres Navi „Susi“. Sie ist die Einzige, die mir momentan Gesellschaft leistet. Wie ich mich noch so wundere, dass Susi anscheinend überhaupt nicht müde ist, obwohl sie durchaus weibliche Züge trägt (zumindest die Stimme …) lotst sie mich auf einen Schotterweg. In der Ferne sehe ich eine vielbefahrene Straße, also glaube ich der Susi. Eigentlich glaube ich fast jeder Frau – das kann manchmal ein Fehler sein, wie in diesem Falle …
An der vielbefahrenen Straße angekommen, will mich Susi über ein Schotterwerk auf die Straße führen. Leider hat jemand um das Schotterwerk herum einen großen Zaun gebaut und das ebenfalls große Tor des Zaunes ist um diese Zeit abgeschlossen. Das hat man nun vom Frühaufstehen. Ich drehe um und Susi hat sofort einen anderen Weg für mich parat. Dieser geht von der Schotterstraße in einen Feldweg über und führt parallel zur richtigen Straße. Parallel aber mit einem großen Graben dazwischen.
Mit der inzwischen erwachten Ehefrau an meiner Seite wagen wir die Kehrtwende auf dem schmalen Feldweg. Ich stelle die Stimme unseres Navi von „Susi“ auf „Horst“ um, aber auch diese einschneidende Maßnahme bringt nicht den gewünschten Erfolg. Erst als ich die beiden ignoriere und die Stimmen gänzlich abstelle, kommt ein bisschen Klarheit in die Sache. Auf Wegen, die weder Susi, Horst, noch das Navi kennen – ich bewege mich quasi im Niemandsland – gelange ich nach einer Stunde (!) leicht genervt, doch noch auf die richtige Straße ….
San Marino
Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es nun weiter in die Republik San Marino. Da war ich noch nie – da möchte ich hin. Schon die Anfahrt auf den Monte Titano ist ein bisschen abenteuerlich: Teilweise ist die steile Straße abgerutscht – teilweise ist sie im Bau. Unser neues Womo und auch ich schaffen das locker und auch Susi hat die Sprache wieder gefunden. Wir stellen das Womo gegen eine Gebühr auf einem der vielen Parkplätze ab und begeben uns zum Teil mit einem Lift und zum anderen Teil zu Fuß auf den Berg …
San Marino ist die älteste bestehende Republik der Welt und sie ist quasi von Italien umgeben. Für Statistiker: In diesem Kleinstaat leben laut Wikipedia 32471 Einwohner. Davon oben in der Hauptstadt – 4214 Einwohner. Ein bisschen mehr als die Hälfte davon sind Frauen. Einen Teil davon sehen wir bei unserem Spaziergang in den engen Gassen stehen. Mir kommt – ich weiß auch nicht warum – ein ähnliches Bild von der Reeperbahn in Hamburg in den Sinn. Hamburg hat zwar keine so netten, mittelalterlichen Gässchen wie San Marino und ist auch nicht auf einem Berg erbaut, aber auch dort stehen ein paar Damen an die Hausmauern gelehnt …
In San Marino jedoch mit dem Zweck, uns potentielle Kunden in ihre Geschäfte zu locken (vielleicht ist der Unterschied gar nicht so groß?). Wir widerstehen schweren Herzens diesen Verlockungen, es ist doch sehr viel Ramsch zu sehen. Was auffällt, ist die Tatsache, dass außer ein paar ganz wichtige Polizisten nur sehr wenige einheimische Männer zu sehen sind. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist das schuldenfreie San Marino der Staat mit der höchsten Lebenserwartung für Männer – vielleicht sollte ich in diesen Kleinstaat ziehen?
Was gibt es noch zu sehen: Viele, viele Touristen, schöne Plätze und Kirchen, majestätische Burgen und einen wundervollen Ausblick bis nach Rimini … aber sehen Sie selbst:
Nach einem typisch italienischem – oder besser gesagt, einem Eis aus San Marino, verlassen wir gegen 16:30 Uhr die Republik weiter in Richtung Süden. Bei Fossarcesia (Termini) habe ich einen Stellplatz direkt am Meer für die Übernachtung ausgesucht. Natürlich nütze ich die Gelegenheit, um zumindest mit den Füßen im Meer gewesen zu sein …
Tag 3
So. 24.03.2013
Vormittag: Sonnig, windig + 15° C
Nachmittag: Sonnig, windig + 19° C
Abfahrt: 07:25 - Ankunft: 00:33 Uhr
Reisezeit: 17 Stunden 08 Minuten
Fossarcesia - Castel del Monte - Alberobello - Taomina
1066 - 1321 - 1428 - 1935 (869 km)
Castel del Monte
„Man reist nicht nur, um anzukommen, sondern vor allem, um unterwegs zu sein“
Johann Wolfgang von Goethe
Oder anders gesagt: „Der Weg ist das Ziel“ und so geht es heute am Palmsonntag mit Volldampf weiter in Richtung Sizilien.
Es war klar, dass als Palmesel (netter Brauch) nur die Sonja in Frage kam, nachdem ich in aller Früh einen Morgensparziergang unternehme.
Als erstes Zwischenziel steht Castel del Monte auf dem Programm: Wir parken unser Wohnmobil auf einer großen Wiese unterhalb des Hügels und zahlen dafür € 5,–. Dafür werden wir von einer netten Dame mit dem Shuttlebus zum Castel von Friedrich II. gefahren, dass ja eigentlich gar keine Burg sein soll, aber so genau weiß das anscheinend niemand …
Castel del Monte (UNESCO Weltkulturerbe)
Parkgebühr und Shuttlebus: € 5,–
Eintritt pro Person: € 5,–
GPS: N 41,07662° E 16,27549°
Alberobello
Nach dem Mittagessen geht die Fahrt wieder entlang der Küste weiter, an Bari vorbei nach Alberobello. In dieser Gegend sind die sogenannten Trulli-Häuser (Einzahl: Trullo) wegen ihrer eigenwilligen Bauweise berühmt. Deren Errichtung begann im 17. Jhdt. um sich Steuern zu sparen. Für uns eine ausgezeichnete Gelegenheit, um uns die Füße zu vertreten, eine Kaffeepause einzulegen und die netten Häuser zu besichtigen.
Trulli-Dörfer bei Alberobello
Parkgebühr: € 3,–
GPS: N 40,78102° E 17,24189°
Gegen Abend durchqueren wir den unteren Teil des italienischen Stiefels und bis auf eine Polizeikontrolle passiert nichts Außergewöhnliches. Kurz nach 21:00 Uhr erreichen wir den Fährhafen Villa San Giovanni. Wir stellen uns da an, wo sich die anderen auch anstellen. Sonja löst ohne irgendwelche Italienisch-Kenntnisse fachmännisch das Ticket und befragt zugleich die umstehenden LKW-Fahrer nach der Abfahrtszeit: Es soll bald losgehen, der Busfahrer neben uns startet sein Fahrzeug und fährt zur Sicherheit um einige Zentimeter nach vorne. Es dauert doch einige Zeit und der anscheinend nervöse Nachbar bewegt seinen Bus alle paar Minuten in Richtung Abfahrt. Der Grund für die verzögerte Abfahrt ist, laut einem perfekt italienisch, sprechenden Fährangestellten, der stürmische Wind in der Straße (- quasi Meeresenge) von Messina. Als ich schon fast die Hoffnung aufgegeben habe und der Busfahrer fast schon eine ganze Fahrzeuglänge vor mir steht, geht es doch noch los. Von hektisch winkenden Arbeitern werden wir gegen 23:00 Uhr auf die Fähre gewunken. Es geht alles gut, ich stehe in der dritten Reihe und stelle meinen Motor ab – Denkste: Ein noch mehr hektisch winkender Arbeiter erklärt mir im perfekten Italienisch, dass ich zurück setzen muss – ganz zurück und dann an den Rand. Ich fluche auf „Kuchlerisch“. Aber dank meiner neuen Rückwärtskamera, dank meiner nicht ganz neuen Gattin und dank des italienischen Arbeiters gelingt dies bemerkenswert gut. Wir laufen aus – eine Matrose schickt uns wegen dem Sturm in den sicheren Aufenthaltsraum an Deck. Ein letzter Blick auf unser Wohnmobil, auf die schwankende Fähre und die ebenso schwankenden LKW’s erzeugt ein leicht mulmeliges Gefühl in mir.
Im ebenso schwankenden Aufenthaltsraum singt eine Gruppe italienischer Schulkinder das Lied aus dem Film: Untergang der Titanic. Mein mulmeliges Gefühl verstärkt sich zusehends …
Fährhafen: Villa San Giovanni
Hin- und Rückfahrt (Blue Ferries): € 95,–
GPS: N 38,21527° E 15,63510°
Wir haben es geschafft – trotz meterhohem Seegang betreten wir – oder besser gesagt: befahren wir nach 40-minütiger, schwankender Überfahrt zum ersten Mal sizilianischen Boden.
Naja, so dramatisch war es nun auch wieder nicht, aber – wie gesagt – ein bisschen ein ungutes Gefühl hatte ich schon …
Dank Susi finden wir problemlos durch die große Stadt Messina und fahren durch unzählige, teils sehr alte Tunnels auf der Autobahn in Richtung Taormina – unserem ersten Ziel.
Gegen 00:30 Uhr treffen wir in dieser schönen Stadt, von der man allerdings jetzt in der Nacht wenig sieht, ein. Wir übernachten auf einem nicht offiziellen, nicht ganz erlaubten Parkplatz. Daher gibt es auch keine Stellplatzdaten. Nach diesem ereignisreichen Tag schlafe ich wie ein Murmeltier und erwache in der Früh mit einem herrlichen Blick von oben auf den malerischen Strand von Taormina …
Übernachtungsplatz Taormina (I)
Parkplatz
kostenlos
... nicht ganz erlaubt ...
I-98039 Taormina
Tag 4
Mo. 25.03.2013
Vormittag: Leicht bewölkt + 15° C
Nachmittag: Sehr wechselhaft + 14° C
Abfahrt: 09:00 - Ankunft: 20:35 Uhr
Reisezeit: 11 Stunden 35 Minuten
Taormina - Gola dell Alcantara - Etna
1935 - 1998 - 2079 km (144 km)
Taormina soll eine der schönsten sizilianischen Städte sein, die schon zahlreiche Persönlichkeiten – unter ihnen Wolfgang Johann von Goethe, Kaiserin Elisabeth von Österreich, Jim Kerr von Simple Minds, Rupert, ein kleiner Schuhmacher aus Kuchl, usw. – besucht haben. Auf jeden Fall ist sie mit Abstand, die bei Touristen beliebteste Stadt Siziliens. Und das aus gutem Grund: Die Lage auf einem Felsen hoch über der Bucht von Naxos und dem Meer ist schon mal sehr beeindruckend, die Küste vor Taormina mit der kleinen Isola Bella, was soviel heißt wie schöne Insel, ist wie der Name eben sagt. Die Innenstadt Taorminas, mit ihren engen Gassen macht auf uns einen lieblichen Eindruck, mit sehenswerten Kirchen und vielen Plätzen, die einen herrlichen Ausblick auf das Mittelmeer und den Etna bieten (wenn er nicht gerade in den Wolken versinkt …).
Wir verbringen einen wunderbaren Tag in Taormina, mit allem was dazu gehört: Spaziergang durch die engen Gassen und Geschäfte, Besichtigung der Sehenswürdigkeiten, Fahrt mit dem Bus nach Castelmola, das 521 Meter über dem Meer liegt und einen herrlichem Blick auf die Küste bietet, anschließend zu Fuß Rückweg auf dem Kreuzweg nach Taormina, italienische Köstlichkeiten und vieles mehr …
Zwischengeschichtl – Sizilianische Autofahrer …
Am Nachmittag fahren wir in das Landinnere. Die Gegend wird gebirgiger. Uns fällt auf, dass in vielen Bergdörfern dieser Weingegend Häuser leer stehen, verlassen und heruntergekommen sind. In Castiglione di Sicilia ist nicht nur die Ruine, sondern viele Häuser verfallen. Landflucht – Mafia?
Lange haben wir nicht Zeit, um diesen Gedanken nach zu gehen: Ich komme mit meinem, nicht ganz kleinem, Wohnmobil in einer engen Straße zum Stehen und da ist weder das Navi noch die Cosa Nostra schuld!
Leider habe ich eine Anweisung von unserem Navi Susi nicht befolgt und bin falsch abgebogen. Nun kommen mir zahlreiche PKW’s an einer engen Stelle entgegen. Leicht schwitzend trete ich den 20 Meter langen Rückzug mit Hilfe der Rückfahrkamera, Sonja und der Außenspiegel an, bis zu einer Stelle, an der die entgegenkommenden Fahrzeuge – nach dem ich den Außenspiegel eingeklappt habe – knapp vorbei kommen.
Ein netter Sizilianer erklärt mir, dass ich dort, wo ich rein wollte auf gar keinen Fall durchkomme. Also heißt es, noch einmal zurück setzen, was bei der Kolonne, die sich hinter unserem Reisemobil gebildet hat, gar nicht so einfach ist. Als ich den Rückwärtsgang einlege, höre ich ein Hubkonzert hinter mir, das darauf schließen lässt, dass die Kolonne hinter mir gar nicht so kurz ist …
Wir staunen: Entgegen aller Vorurteile hat das Hupen gleich mal ein Ende – als die Sizilianer hinter mir sehen, dass vor ihnen ein armer, leicht schwitzender, österreichischer Wohnmobilfahrer in Nöten ist, legen alle den Rückwärtsgang ein und setzen langsam zurück. Dabei wachelt und gestikuliert jeder wild wie ein Verkehrspolizist und auch die Geräuschkulisse ist enorm. Es dauert zwar einige Zeit, aber dann erreiche ich die Weggabelung und bin nach einer Millimeterarbeit ohne eine einzige Schramme endlich wieder auf der richtigen Straße. Die gesamte sizilianische Kolonne winkt mir zu und ich bin bedanke mich ebenso herzlich winkend und bin nur mehr begeistert …
Nach der Fahrt durch die Berge erreichen wir Gola dell‘ Alcantara, eine Schlucht ähnlich wie bei uns in der Salzachklamm oder die Lammeröfen, mit dem Unterschied, dass die bizarren Wände der Schlucht aus erkaltetem Lavagestein bestehen.
Die Wanderung durch die Schlucht tut uns trotz leichtem Nieselregen außerordentlich gut. Die Alcantaraschlucht ist wirklich sehenswert. Leider können wir wegen Hochwasser nicht direkt durch den Fluss wandern, aber es ist auch so schön.
Weil uns das Navi anschließend wieder in ein Bergdorf mit 18 % Steigung und immer enger werdenden Straßen führt, drehen wir um und fahren gleich in Richtung Etna, der ja nicht weit entfernt ist, wie wir an den vielen, schwarzen Aschhaufen neben und auf der Straße unschwer erkennen können.
In einer der letzten Dörfer vor der Etnastraße vermeide ich in der engen Ortsdurchfahrt durch eine Vollbremsung einen Zusammenstoß mit einem irren Lieferwagenfahrer. Es scheinen doch nicht ganz alle Sizilianer rüchsichtsvolle Autofahrer zu sein …
Danach geht es gemütlich hoch in Richtung Etna.
Naja „gemütlich“ ist vielleicht übertrieben: Die Nacht bricht herein, der Regen und der Wind nehmen stark zu und die Gegend wirkt einsam. Zuerst werden die Häuser weniger und die Besiedelung hört ganz auf, dann passieren wir auch die Baumgrenze. Ich suche einen Übernachtungsplatz und stelle unser Wohnmobil in einer Stichstraße, mitten in einem alten Lavastrom. Die Aussicht auf die Küste muss bei Sonnenschein und Tageslicht beachtlich sein – der Sturm ist es allemal. Alleine und verlassen stehen wir auf ca. 1500 Meter Höhe und unser Wohnmobil wird ordentlich vom Sturm hin und her geschaukelt. Eigentlich hatte ich heute schon genug Abenteuer und was ist, wenn der Regen in dieser Höhe in Schneefall übergeht und wir morgen mit unseren Sommerreifen im Schnee stehen? Also, vernünftig wie wir sind, fahren wir ein paar hundert Höhenmeter hinunter auf einen kleinen Parkplatz: Hier ist es ruhiger und so können wir nach diesem ereignisreichen und intensiven Tag erschöpft in’s Bett fallen …
Taormina – Gola del Alcantara – Etna – Siracusa – Portopalo di Capo – Agrigento – Porto Empedocle
Tag 5
Di. 26.03.2013
Vormittag: Teilweise Schneefall, Sturm + 0° C
Nachmittag: Leicht bewölkt + 19° C
Autobahnmaut bis Fossarcesia: € 21,70
Abfahrt: 08:55 - Ankunft: 19:27 Uhr
Reisezeit: 10 Stunden 32 Minuten
Etna - Siracusa - Portopalo
2079 - 2196 - 2306 km (227 km)
Etna
Am frühen Morgen ist vom Sturm Gott sei Dank momentan nicht mehr viel zu spüren. Der Himmel klärt auf – zumindest in Richtung Küste. Auf der anderen Seite liegt der Etna weiterhin in Schneewolken gehüllt. Wir wagen einen weiteren Angriff auf den Vulkan. In einer Höhe von ca. 1700 Meter über dem Meer drehe ich sicherheitshalber wieder um: Auf der Straße liegt Schnee und teilweise hat sich eine Eisfahrbahn gebildet – einfach zu gefährlich, um weiter zu fahren.
Wir nützen die Zwangspause, um auf einem Parkplatz weiter unten ein ausgiebiges Frühstück zu genießen. In der Zwischenzeit lassen wir Sonne und die wärmer werdenden Temperaturen auf uns und die Straße wirken. Während wir ein bisschen relaxen, kommen die ersten Busse, um den Berg zu erklimmen. Am Vormittag wagen wir den dritten Anlauf auf den Etna. Das Eis und der Schnee sind aufgetaut, nur kurz vor dem Ziel sind gerade Schneefräsen und ein Schneepflug bei der Arbeit, um den meterhohen Schnee von der Nacht zu entfernen …
Der Etna empfängt uns mit einer kalten Schulter und einem eiskalten Wind, man könnte fast sagen: Sturm. Auf dem großen Parkplatz stehen wir als einziges Wohnmobil weit und breit. Seilbahn und die Jeepfahrten sind auf Grund der Wetterlage eingestellt. Auf dem Weg zu einem der erloschenen Krater verweht uns fast der Wind. Winterjacken und Winterstiefel sind jetzt genau richtig. Wir können es fast nicht glauben, aber wir sehen auch Engländer in kurzen Hosen und Sandalen. Wir sind aus unserer gebirgigen Heimat einiges gewohnt und ich laufe immer, wenn es irgendwie ein paar Plusgrade gibt, barfuß und in kurzen Hosen herum, aber beim Anblick der leichtbekleideten und naturweißen Briten, bekomme ich fast einen Kälteschock und wir sind froh, nach einiger Zeit wieder im geschützten Wohnmobil zu sein.
Wir verlassen den eiskalten Etna und wenden uns wieder der immer wärmer werdenden Küste zu. Auf den Straßen sieht man im Umkreis von mindestens 30 km schwarze Aschhaufen, die wahrscheinlich vom letzten Ausbruch vor 9 Tagen stammen.
Zwischengeschichtl – Mafia …
In Siracusa, an der Zufahrtsstraße zum Parco Archeologio, werden wir von einem beleibten Sizilianer eingewiesen. Ich nenne ihn „Cosi Nostri“ und merke schnell, da gibt es kein Wenn und Aber: Cosi Nostri lotst mich Millimeter genau an den Straßenrand, klappt meine Außenspiegel herein, verlangt € 4,– für seine Dienste und gibt mir zu verstehen, dass unser Wohnmobil unter seiner Aufsicht völlig sicher ist …
Wenn überhaupt, dann war dies unsere einzige Zusammenkunft mit der Mafia in Sizilien. Halt, jetzt fällt mir ein, dass wir in Palermo auch einen Mann lange beobachtet haben, der ein Mafioso sein hätte können, gefragt haben wir ihn nicht. Eigentlich schade – ein bisschen Abenteuer schadet doch nie …
Wir hatten die Gelegenheit mit Sizilianern sprechen zu können, die Deutsch konnten: „Nichts sehen, nichts hören – nichts wissen …“. Schaut man jedoch genauer hin, sieht man schon gravierende Auswirkungen der sogenannten Baumafia oder es wird uns erzählt, dass Schutzgeldzahlungen zum normalen Tagesablauf gehören. Es wird uns auch erzählt, dass die Touristen nicht in das „Beuteschema“ passen sondern, dass ausländische Gäste eher den Schutz der Cosa Nostra genießen, weil sie viel Geld ins Land bringen und deshalb nicht vertrieben werden sollen …
Obwohl wir fast nur frei gestanden sind, haben wir uns in keinem Fall gefürchtet. So wie in Österreich, Deutschland oder in jedem anderen Reiseland auch, haben wir die grundlegenden Regeln eingehalten und dadurch keine Probleme gehabt …
Ein bisschen Kultur schadet niemanden und so besuchen wir die Ausgrabungsstätten in Siracusa. Diese wurden 2005 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, weil sie zusammen mit der Nekropolis von Pantalica eine einzigartige Ansammlung bemerkenswerter Zeugnisse der Mittelmeerkulturen über die Jahrhunderte hinweg, darstellt.
Wir geben der UNESCO recht und besichtigen gegen einen Eintritt von € 10,– pro Person die Sehenswürdigkeiten. Gemütlich schlendern wir durch den Park, bestaunen eines der größten erhaltenen griechischen Theater mit Platz für 15000 Besucher; beim Anblick des 198 Meter langen Opferaltars von Hieron II auf den bis zu 450 Opfertiere geschlachtet wurden und der Grabhöhlen, läuft uns kalter Schauer den Rücken runter; im Ohr des Dionysios (Orecchio di Dionisio) – einer künstlich geschaffenen Höhle, 64 m lang, 20 m hoch und 11 m breit – suchen wir nach dem gleichnamigen Schmalz (das wir Gott sei Dank nicht finden) und lauschen der besonderen Akustik, die von den Besuchern lautstark getestet wird.
So vergeht der Nachmittag, bis wir wieder – voll gepackt mit neuem Wissen über die Sikeler, Korinther, Römer, Vandalen, Araber, Normannen, über Platon und Archimedes und vieles mehr, bei unserem von „Cosi Nostri“ bewachten Wohnmobil eintreffen …
Siracusa
Nach soviel Kultur gelüstet uns wieder nach unberührter Natur und so besuchen wir „Riserva Naturale Vendicari“ – ein Vogelschutzgebiet. Hier könnte man auch gut übernachten, aber da unsere Vorräte zur Neige gehen, fahren wir nach Portopalo, kaufen ein und übernachten gleich im dortigen Hafen …
Besuch im Vogelschutzgebiet: „Riserva Naturale Vendicari“ …
Tag 6
Mi. 27.03.2013
Vormittag: Sonnig + 19° C
Nachmittag: Sonnig + 20° C
Abfahrt: 09:27 - Ankunft: 18:50 Uhr
Reisezeit: 12 Stunden 17 Minuten
Portopalo - Tal der Tempel - Porto Empedocle
2306 - 2508 - 2527 km (221 km)
Ein bisschen haben wir befürchtet, dass wir zeitig in der Früh durch regen Betrieb der Fischer geweckt werden würden – keine Spur davon und so haben wir heute ein bisschen länger geschlafen, bevor ich meinen morgendlichen Spaziergang im interessanten Hafengelände, mit vielen schönen Fotomotiven angetreten bin …
Am Abend habe ich noch einen Einheimischen gefragt, ob wir hier über die Nacht stehen dürfen – kein Problem und wir waren, bis auf ein paar Liebespärchen, die einzigen auf dem großen Parkplatz vor dem Fischereihafen …
Nun soll es vom südlichen Cap Sizilien an die Westküste weiter gehen …
Zwischengeschichtl – nicht so schön …
Durch das Hinterland fahren wir auf Landstraßen in Richtung Westküste. Die Landschaft ist geprägt durch Plastik! Riesige Folien schützen die Obst- und Gemüseplantagen und überspannen ganze Felder.
Vielleicht muss man sich erst daran gewöhnen, aber optisch gefallen sie mir genauso wenig, wie bei uns die Lärmschutzwände links, rechts und jetzt sogar schon in der Mitte der Autobahnen …
Durch unser Navi und durch Umleitungen kommen wir auch in den Genuss von Straßen, wie wir sie selbst in den baltischen Ländern (Baltikumreise 2012) nicht erlebt haben: Unbefestigte, staubige Pisten, mit Schlaglöchern, denen man fast nicht mehr ausweichen kann und auch einige wilde Müllhalden sehen wir. Gott sei Dank ist das Müllproblem nicht gar so schlimm, wie es uns vor der Reise oft geschildert wurde.
Zum Beispiel haben wir am Vortag im Fischereihafen viele Sizilianer gesehen, die ihren Müll getrennt und ordnungsgemäß entsorgt haben. Einheimische haben uns erzählt, dass es auch eine sogenannte „Müllmafia“ gibt und dass durch diverse Aktionen und Streiks das Problem mit nichtabgeholte oder illegale Mülldeponien oft unangenehme Ausmaße annimmt.
Aber wie gesagt, da wir ja im Grunde sehr positiv eingestellt sind, freuen wir uns über die Tatsache, dass sich die Müllberge an den Straßenrändern in Grenzen halten …
Wir lassen uns Zeit, genießen das sizilianische Essen und decken uns bei den vielen Ständen, die am Wegesrand stehen und Obst und Gemüse (darunter auch frischen Spargel) anbieten, mit heimischen Lebensmittel ein. Die Fahrt geht über Ragusa – Gela in Richtung Agrigento, wo von weitem schon der Concordiatempel wie die Akropolis herunter grüßt …
Wir parken unser Wohnmobil unterhalb der Ausgrabungsstätten auf einem Stellplatz, den man auch zum Übernachten nützen könnte, das Kassahäuschen ist bei unserer Ankunft aber leer. Für € 10,– pro Person betreten wir den trümmerübersäten und laut Wikipedia den „eindrucksvollsten archäologischen Fundplatz“ den Sizilien zu bieten hat. Johann Wolfgang (von Goethe) war schon hier und selbstverständlich gehört Agrigento seit 1997 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Von der gegenüberliegenden Stadt aus gesehen liegen die Tempel etwas tiefer, daher der auch etwas irreführende Ausdruck „Tal“ der Tempel: Dioskurententempel, Concordiatempel, Heraklestempel und viele weitere altertümliche Relikte und viel, viel Steine …
Neben den doch sehr interessanten Ausgrabungen – die man auf die eine oder andere Art auch „begreifen“ kann (siehe Bild) – interessiert und begeistert Sonja und mich etwas anderes: Nämlich vor allem die wunderbare Flora: Die Farbvielfalt der Bodendecker ist schier unbegrenzt, der Feigenkaktus und andere Kaktusarten sind ständige Begleiter neben den Wegen, uralte Olivenbäume (vor dem Concordiatempel steht z.B. einer, der über 500 Jahre alt ist) bilden teilweise bizarre Anblicke.
Als wir das Tal der Tempel mit vielen neuen Eindrücken verlassen, ist es schon Abend und dunkel. Wir brauchen einen Übernachtungsplatz …
In der Nähe von Porto Empedocle sehen wir weit unten, direkt am Meer mehrere Wohnmobile stehen – da wollen wir auch hin. Unser Navi Susi führt uns – wieder einmal – durch äußerst enge Gassen steil bergab: Da passt kein Fußgänger mehr zwischen Fahrzeug und Gartenmauer …
Sonja klappt den Seitenspiegel herein und dann geht es schon. Der kommerzielle Stellplatz wird von einem netten, sizilianischen Ehepaar betrieben. Wir suchen uns direkt neben dem Meer einen schönen Platz. Auf dem großen Platz stehen nur zwei Italiener und neben uns – man höre und staune – haben es sich vier österreichische Wohnmobilfamilien gemütlich gemacht. Ihre Wohnmobile bilden eine Art Wagenburg. Ansonsten sehr kommunikativ, wollen dieses Mal nicht stören oder aufdringlich sein und genießen zu zweit den lauen Abend vor dem Wohnmobil.
Das Meer rauscht, der Duft des Kaffees steigt in die Nase und irgendwo bellt ein einsamer Hund – ist es nicht herrlich in Italien ….